Mitarbeiterfortbildung - Stiefkind im Projekt?

In unserer heutigen Arbeitswelt muß gespart werden (Fast hätte ich gesagt: Koste es, was es wolle!), und wo kann man am leichtesten sparen? Richtig: An der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter!

Das diese Methode in den letzten Jahren sehr breit angewandt worden ist, muß ich Ihnen sicher nicht beweisen. Aber daß diese Vorgehensweise bei längerer Anwendung auch ihre Nachteile hat, ist ebenso wenig umstritten!

Machen wir eine Gleichung auf:

Fürs Projekt erforderlicher Bildungsstand - Vorhandene Bildung = Bildungsdefizit

und gleich noch eine weitere Gleichung:

Bildungsdefizit - Durch eigene Mittel abdeckbar = Bildungsbedarf

Daraus sieht man ganz klar:

  1. Bis zu einem gewissen Grad kann man ein Defizit durch entsprechende Einsatzplanung der Mitarbeiter umschichten.

  2. Durch Mehrleistung des Projektleiters können Lücken geschlossen werden.

  3. Ausbildung vor Ort hält zwar unheimlich auf, ist aber auch ein Instrument.

  4. Bildungsbedarf, der nicht abgedeckt wird, kostet mit der Zeit auch ganz schön!

  5. Fortbildung ist Zukunftssicherung, auf die man nur kurz- aber nicht mittel- bis langfristig ungestraft verzichten darf.

Wer kümmert sich um den Bildungsbedarf?

Sie als Projektleiter haben in Ihrer Projektstrukturplanung Arbeitspakete definiert, zu deren Realisierung sie jeweils Mitarbeiter einer bestimmten (nicht überall gleichen) Qualifikation benötigen. Die Anforderungsprofile haben Sie definiert. Und wie steht´s mit der Abdeckung durch die vorhandenen Mitarbeiter?

In den letzten Jahren hat die Anzahl der Anfragen an mich wie: "Was mache ich mit zu wenig qualifizierten Mitarbeitern?" und "Was mache ich, wenn ich nicht die richtig qualifizierten Mitarbeiter habe?" enorm zugenommen! Da die Menschen kaum dümmer geworden sind, muß es wohl an der fehlenden Aus- und Weiterbildung liegen.

In meinen Seminaren höre ich bei den Teilnehmern dagegen immer wieder: "Am Geld ist es noch nie gescheitert, wenn ich eine Ausbildung gebraucht habe". Woher dann dieser - scheinbare - Widerspruch?

Ich denke, es hat damit zu tun:

Das Projektmanagement als Methode geht - leider - davon aus, daß einem Projekt aus der Umgebung die notwendigen und passend ausgebildeten Mitarbeiter zur Auswahl stehen. Es sagt nichts über »Aus- und Weiterbildung«. Auch ist es einem Projektleiter nicht zu verdenken, daß er in der Startphase andere Sorgen hat, als sich um die Aus- und Weiterbildung teilqualifizierter Mitarbeiter zu kümmern. Wenn sie ihm dann endlich zur Verfügung stehen, geht es mit Volldampf ans Projekt.

Der disziplinare Vorgesetzte kennt die spezifischen Anforderungen aus dem Projekt bisweilen gar nicht und wenn, dann ist ihm auch nicht zu verdenken, wenn er noch andere Sorgen hat, als seine Mitarbeiter darin zu ertüchtigen, "möglichst geeignet zum Ausleihen zu sein"!

Zentrale Aus- und Weiterbildungskonzepte sind out, wenn sich also die Mitarbeiter nicht selbst darum bemühen, fallen sie zwischen die Stühle!

Was kann geschehen?

Jeder Projektleiter sollte bei der Rückführung seiner Mitarbeiter am Ende eines Projektes dafür sorgen, daß das Verhalten und die Verdienste seiner Mitarbeiter im Verlauf des Projektes nicht "verloren gehen" sondern in deren Personalunterlagen eingehen. Also spricht er mit dem zuständigen Partner - das ist i. allg. der disziplinarische Vorgesetzte - über eine Beurteilung des Mitarbeiters. Das Einfachste ist, er übergibt ihm eine fix und fertig ausgefüllte hausübliche Beurteilung, dann kann er entscheiden, ob sie wie erstellt ausgehändigt oder in eine spätere Beurteilung eingearbeitet wird. Dabei kann der Projektleiter gleichzeitig einen Weiterbildungsvorschlag unterbreiten, der der individuellen Situation des Mitarbeiters angemessen ist und für ihn ein gutes Wort einlegen! Das ist Belobigung und Motivation für diesen und vielleicht begegnen sie als Projektleiter ihm gern in einem weiteren Projekt wieder!

Derzeit unüblich und möglicherweise nicht revisionsfest ist folgender Vorschlag: Nicht voll ausgeschöpfte Puffer am Projektende könnten als Aus- und Weiterbildungsetat für verdiente und engagierte Mitarbeiter verwendet werden, denn schließlich haben auch sie mit ihrer Leistung zu diesem Erfolg beigetragen!

Was hindert Sie daran, Ihrem Lenkungsausschuß diesen Vorschlag im Rahmen des Projektabschlusses zu unterbreiten und eine Fortbildungsplanung dazuzulegen? Die Mitarbeiter werden es Ihnen danken und Sie als fürsorglichen Projektleiter preisen, mit dem sie gerne wieder zusammenarbeiten wollen.